Gedenken in „Corona-Zeiten“

Seit 2012 tritt die Überparteiliche Gedenkplattform Transdanubien alljährlich mit Veranstaltungen im 21. und/oder 22. Bezirk für eine Aufarbeitung der Vergangenheit (auch jener Ereignisse in der Region) und gegen Rechtsextremismus auf.

2020 war alles anders – wegen der Corona-Pandemie. Lediglich mit 1 Meter-Abstand waren ab Mai wieder öffentliche Aktionen möglich.

Deshalb begnügte sich die Gedenkplattform diesmal mit einer Foto-Aktion, die an den 75. Jahrestag der Befreiung Europas vom Nationalsozialismus erinnerte.

Am Spitz, vor dem Amtshaus Floridsdorf, waren noch im April 1945 die drei Wehrmachts-Angehörigen Major Karl Biedermann, Hauptmann Alfred Huth und Oberleutnant Rudolf Raschke hingerichtet worden, weil sie weitere Zerstörungen und Blutvergießen verhindern und Wien kampflos der Roten Armee übergeben wollten.

In den folgenden Wochen bis zum Kriegsende mussten noch zahlreiche Menschen ihr Leben für die Befreiung von der NS-Herrschaft geben bzw. wurden viele Menschen Opfer der grausamen „Endphasen-Verbrechen“ von besonders verbohrten Nazis.

Am 8. Mai 1945 fanden dann endlich der Krieg in Europa und damit auch die Nazi-Diktatur durch die Kapitulation der Reste der deutschen Wehrmacht ein Ende, und die Welt konnte sprichwörtlich aufatmen.
Wir wollen für immer daran erinnern!


Die „Überparteiliche Gedenkplattform Transdanubien“ erinnert an den 75. Jahrestag der Befreiung Europas.

Ein Buch erinnert an die „Donauwiese“

Allen, die sich noch an das Überschwemmungsgebiet erinnern können, aber auch all jenen, die wissen wollen, was „vor der Donauinsel war“, sei ein Buch empfohlen, das 2019 im Verlag Winkler-Hermaden erschienen ist:

„Die Donauwiese. Das Inundationsgebiet – Ein verschwundenes Wahrzeichen“ von Matthias Marschik.

Dr. Matthias Marschik, Historiker und Kulturwissenschaftler, Lehrbeauftragter an mehreren Universitäten und im 21. Bezirk wohnend, zeigte bei der Buchpräsentation am 6. Mai 2019 im Bezirksmuseum Floridsdorf, wie er sich dem Phänomen „Donauwiese“, das er bereits in seiner Kindheit als „Abenteuerspielplatz“ kennengelernt hatte, von verschiedensten Seiten angenähert hat.


Dr. Matthias Marschik (l.) bei der Präsentation seines Buches im Bezirksmuseum Floridsdorf am 6. Mai 2019 (Fotos: G. Jordan).

Entstanden im Zuge der Donauregulierung 1870-75, sollte der 475 Meter breite Wiesenstreifen am linken Ufer des neuen Strombettes die Stadt Wien vor Überschwemmungen schützen, indem er die Wassermassen bis zum Hubertusdamm aufnehmen sollte. Dies gelang zwar nur zum Teil – es kam auch danach noch zu legendären Hochwässern wie jenem im Jahr 1954 -, doch in den rund 100 Jahren ihres Bestehens wurde die über sechs Quadratkilometer große Fläche zu einem (nicht kommerziellen) Erholungsgebiet, welches sich die Bevölkerung auf verschiedenste Weise „aneignete“.

Der Autor schildert die Landschaft, die weit über ein bloße Wiese hinausging, und behandelt zahlreiche Aspekte wie Brücken, Verkehr (vom Dampfschiff bis zum Segelflugzeug), Auswirkungen der Hochwässer, Planungen (inklusive nicht realisierter) usw. bis zu den vielfältigen Arten der Freizeitgestaltung und der Donauwiese als Treffpunkt unterschiedlichster „Kulturen“.

Das „Ende“ des Inundationsgebiets kam mit der Schaffung der heutigen „Neuen Donau“ und Donauinsel in den Jahren 1973-87;  nur „an einem nebeligen Novembernachmittag auf der fast menschenleeren Insel“, so schreibt Marschik, könne man „noch ein wenig von der damaligen Atmosphäre erschnuppern“…

Das Buch – mit zahlreichen historischen Fotos aus unterschiedlichen Quellen – eignet sich auch gut als Weihnachtsgeschenk.

Gerhard Jordan

 

„Bretteldorf“-Film

2018 befasste sich ein von der Stadt Wien gefördertes Forschungsprojekt namens „Bretteldorf revisited“ mit der Geschichte von Wiens „wilden“ Siedlungen. Zu diesem Thema entstand auch ein 39-minütiger Dokumentarfilm mit dem Titel „VERBAUT“ von Regisseurin Melanie Hollaus, den die Floridsdorfer Grünen am 5. September 2019 zeigten.

Rund 100 Interessierte drängten sich in dem 1926 erbauten Haus der Chorvereinigung Nordbahnbund, An der Oberen Alten Donau 96 – in Sichtweite der am Ufer gegenüber liegenden Siedlung Bruckhaufen, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts selbst als „informelle“ Siedlung entstanden war.


Der Veranstaltungsort an der Alten Donau, gegenüber dem Bruckhaufen. (Fotos: Brigitte Parnigoni, Gerhard Jordan)


Nur noch wenige ältere Siedlungshäuser sind auf dem Bruckhaufen zu finden, wie z.B. in der Walkergasse 10.

Der Film zeigt, auch unter Verwendung historischer Aufnahmen, die Anfänge der SiedlerInnenbewegung in Wien nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, als rückkehrende Soldaten, Obdachlose und hungernde ArbeiterInnen durch die Besetzung von Land ihre Not zu lindern versuchten. Mit primitiven Mitteln wurden Hütten errichtet, Gemüse angebaut, Kleintiere gezüchtet.

Die zu Beginn „informellen“ bis „anarchistischen“ Ansätze wichen mit der Zeit Strukturen, Genossenschaften und Vereine entstanden. Der 1918 gesetzlich verankerte Acht-Stunden-Tag ermöglichte es auch im Arbeitsprozess Stehenden, in ihrer Freizeit durch Eigenleistung am Bau von Siedlungshäusern mitzuwirken. An den Rändern Wiens entstanden Tausende Kleingärten. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise Anfang der 1930er-Jahre entstanden weitere Stadtrandsiedlungen, zum Teil der Selbstversorgung von Arbeitslosen und Ausgesteuerten dienend.

Nach der Vereinnahmung bzw. Zerstörung der Strukturen durch den Nationalsozialismus erreichte das Gemeinschaftsleben nach 1945 nicht mehr die Stärke der Zeit vor 1934. Schon ab etwa 1923 hatte auch die Sozialdemokratie mehr auf Gemeindebau-Großwohnanlagen („Superblocks“) gesetzt als auf Siedlungen. Der Genossenschaftsgedanke wich mehr und mehr jenem des „Eigenheim-Besitzes“.

In dem Film wandert der Schauspieler Walter Ludwig durch einige Wiener Siedlungen – Bruckhaufen (21. Bezirk), Biberhaufen (22. Bezirk), Wolfersberg und Kordonsiedlung (14. Bezirk) – und macht sich „philosophische Gedanken“, etwa über den „Emanzipationscharakter des Wilden, Informellen“. Kann dieser im Siedlungshaus und trotz „Vereinsmeierei“ überleben? Und wird aus der stolzen „Arbeiterin“ wieder die „Hausfrau“? Wie ist die „Neue Dörflichkeit“ von heute zu bewerten?

Interessant für DonaufelderInnen ist vor allem ein längeres Interview mit dem auf dem Bruckhaufen lebenden Bildhauer Leopold Draxler (geboren 1939), der sein Atelier in der Wildbadgasse 1 hat und von den Anfängen der Siedlung als sogenannte „Glasscherbeninsel“ ohne Wasser und Strom erzählt. Der Bruckhaufen, heute ein gefragtes Wohngebiet, in dem kaum noch alte Siedlungshäuser zu finden sind, lag ursprünglich in der Nachbarschaft einer Mülldeponie – ebenso wie das „Bretteldorf“ auf der Seite des 22. Bezirks, dessen BewohnerInnen allerdings „aufmüpfiger“ waren und das deswegen der Errichtung des Donauparks im Rahmen der „WIG 1964“ weichen musste.


Das Atelier des Bildhauers Leopold Draxler in der Wildbadgasse 1, Ecke Arbeiterstrandbadstraße.

Inhaltlich höchst interessant war die an den Film anschließende Diskussion, an der zahlreiche ExpertInnen und an der Entstehung des Werkes Beteiligte teilnahmen – unter ihnen die Filmemacherin Melanie Hollaus, der Kameramann (und Architekt) Christoph Lammerhuber, der Schauspieler Walter Ludwig (im Film der „kommentierende Spaziergänger“), die am Forschungsprojekt „Bretteldorf revisited“ beteiligten Urbanisten Andre Klammer und Friedrich Hauer, der Kurator am „Wien Museum“ Werner-Michael Schwarz und andere.

Angesprochen wurden u.a. der Verlust des emanzipativen Charakters der einstigen Landbesetzungen, der Prozess der „Legalisierung“ der „wilden“ Siedlungen (der in der Regel zu einem Verlust an Autonomie führte), die Instrumentalisierung einiger Siedlervereine über den „bürgerlichen Eigenheim-Gedanken“ durch die Nazis schon vor 1938, und auch die Rolle heutiger Initiativen wie etwa der „Wagenplätze“ oder von „SoliLa!“ („Solidarisch Landwirtschaften“;  hatte im  Mai 2013  für kurze Zeit ein Grundstück auf dem Drygalskiweg in Donaufeld besetzt, das schließlich polizeilich geräumt wurde). Einerseits, so wurde festgestellt, gehe es um emanzipative Ziele, doch andererseits handle es sich heute zum Teil um „bürgerliche AussteigerInnen“, während die „wilden“ und „informellen“ Landbeschaffungen um 1919 großteils von Notleidenden getragen wurden, die so ihrem Elend zu entgehen versuchten.

Jedenfalls dürfte dieser Filmabend viele TeilnehmerInnen angeregt haben, sich eingehender mit dem interessanten Thema der Siedlungsentwicklung in Wien zu beschäftigen.

Gerhard Jordan

Auf den Spuren des Februar-Aufstands 1934 in Floridsdorf

Die „Überparteiliche Gedenkplattform Transdanubien“, die seit 2012 alljährlich Aktivitäten zur Erinnerung an Ereignisse der jüngeren Vergangenheit mit Schwerpunkt auf die Bezirke 21 und 22 setzt, beging den 85. Jahrestag des Februar-Aufstands 1934 mit einer Gedenkwanderung am 10. Februar 2019, bei der der Historiker Dr. Kurt Bauer zu Schauplätzen der Februar-Kämpfe in Floridsdorf führte.
Rund 100 Interessierte nahmen an der Veranstaltung teil, und auch die anschließende – teils kontroverse – Diskussion war gut besucht.

Im Kreis der TeilnehmerInnen spiegelte sich die Breite der Überparteilichen Gedenkplattform:  SPÖ-Bezirksvorsteher-Stellvertreterin Ilse Fitzbauer, die Klubobleute der Grünen aus Floridsdorf und Donaustadt (Mit-OrganisatorInnen Heinz Berger und Heidi Sequenz), die Klubobfrau der NEOS Floridsdorf (Monika Ruschka), die SprecherInnen der KPÖ Floridsdorf und Donaustadt – um nur einige aus der Politik zu nennen, diesmal besonders viele HistorikerInnen von verschiedenen akademischen Einrichtungen und aus der Zivilgesellschaft sowie zahlreiche engagierte und interessierte BürgerInnen.

 
Rund 100 Interessierte versammelten sich vor dem Bahnhof Floridsdorf, um am Gedenkrundgang teilzunehmen (Fotos: G. Jordan).


Vor dem heutigen „Haus der Begegnung“, an dessen Stelle sich 1934 das Floridsdorfer Arbeiterheim befand.


Blick über die Angererstraße zum damals umkämpften Gebäude des ehemaligen Nordbahnhofs (in der Mitte); auf der Eisenbahnbrücke (rechts) war ein Scharfschütze des Schutzbunds postiert.

Kurt Bauer hat in seinem zum Jahreswechsel 2018/19 erschienenen Buch „Der Februar Aufstand 1934. Fakten und Mythen“ die Ereignisse vom 12. bis 14. Februar detailliert aufgearbeitet und versucht, alle Todesopfer – jene des sozialdemokratischen Schutzbunds, der Exekutive bzw. Truppen des Regimes und rechter Verbände wie Heimwehr sowie unbeteiligter Personen – namentlich zu erfassen und ist dabei auf 357 Personen gekommen.
Die härtesten Kämpfe spielten sich in Floridsdorf ab, wo auch die meisten Toten zu beklagen waren.


Das Polizeikommissariat Ecke Hermann-Bahr-Straße (Bild oben, links) konnte von den Aufständischen nicht eingenommen werden, das 1924 errichtete Gebäude der Feuerwache in der heutigen Weisselgasse (Bildmitte) wurde hingegen am 13. Februar 1934 von einem Polizeitrupp gestürmt.


Bei dem 1964 errichteten Denkmal für den am 15. Februar 1934 hingerichteten Schutzbund-Führer und Feuerwehr-Angehörigen Ing. Georg Weissel an der Prager Straße. Auch die 1958/59 von der „Sozialbau AG“ errichtete Genossenschafts-Wohnanlage in der Gerichtsgasse ist nach Weissel benannt.


Auch um die Straßenbahnremise in der Gerichtsgasse gab es Gefechte.


Im Dachbereich des 1925/26 errichteten „Schlingerhof“, Ecke Brünner Straße, waren MG-Schützen postiert. Am 13. Februar gegen Mittag wurde der Gemeindebau von Artillerie beschossen und eingenommen. Im Zuge des Abtransports von 350 Gefangenen wurden bei Schießereien mehrere Menschen getötet. (Auf dem Bild ist über dem „Tabak Trafik“-Symbol die Stelle zu sehen, an der jahrzehntelang – bis zu ihrer Versetzung – eine Gedenktafel für die Februar-Opfer angebracht war.)

Bei der Diskussion in den Räumlichkeiten der Gebietsbetreuung „GB*nord“ sprach Heinz Berger, Historiker und Mitbegründer der Gedenkplattform, einleitende Worte, in denen er auf die Mythenbildung und auf die Rezeption des Februar 1934 hinwies und auf den Zustand der damaligen gespaltenen Gesellschaft, der es total an Zusammenhalt fehlte.


In den Räumlichkeiten der Gebietsbetreuung wurde lebhaft diskutiert. (Bild unten: Heinz Berger mit dem Buchautor Kurt Bauer)

Kurt Bauer formulierte seine Thesen, u.a.
– dass durch das Vorgehen im Februar 1934 maßgeblich dem späteren „Anschluss“ an das Dritte Reich 1938 in die Hände gespielt wurde;
– dass „der einzige Sieger Adolf Hitler war“;
– dass das (von der sozialdemokratischen SDAP, deren stv. Vorsitzender Otto Bauer eine zwiespältige Haltung einnahm, ausgeschlagene) Koalitionsangebot des christlichsozialen Bundeskanzlers Seipel im Jahr 1931 vielleicht die letzte Chance war, die Demokratie zu retten;
– dass Engelbert Dollfuß, Kanzler ab 1932, immer mehr unter den Einfluss des italienischen Faschistenführers Mussolini geriet und ab 1933 zunehmend diktatorisch herrschte;
– und dass unter den Todesopfern ZivilistInnen, die sich nicht an den Kämpfen beteiligt hatten, die größte Gruppe stellten.

In der lebhaften Diskussion gab es auch Kritik an der Verwendung interner Polizeiberichte bei Bauers Recherchen. Eine Teilnehmerin, deren Vater selbst an den Kämpfen im Schlingerhof beteiligt war, wies den Begriff „Aufrührer“ zurück und wies darauf hin, dass die Arbeiterschaft 1934 den ersten offenen Widerstand gegen den aufkeimenden Faschismus in Europa geleistet habe und gar keine andere Wahl hatte, als sich gegen die Provokationen des Dollfuß-Regimes zu wehren.

Ein anderer Diskussionsteilnehmer, der aus bäuerlichem Milieu stammt und dessen Vater 1934 auf Seiten des Bundesheers beim Karl-Marx-Hof gestanden war, merkte an, dass die Situation auf dem Land völlig anders war als in den industriell geprägten Städten (Kurt Bauer ergänzte, dass die Kämpfe beim „Juliputsch“ 1934 der Nazis weitgehend auf dem Land stattfanden).

Es wurde auch die Frage gestellt, ob es sich beim Februar 1934 um einen „Bürgerkrieg“ oder um einen „Aufstand“ gehandelt habe. Kurt Bauer hatte früher selbst den Ausdruck „Bürgerkrieg“ verwendet, sieht dies aber heute nicht mehr so:  Es gab relativ wenige Tote (357 in ganz Österreich, davon 76 in Floridsdorf), kein geschlossenes von den Aufständischen kontrolliertes Territorium (lediglich einige Wohnsiedlungen und Gebäude der ArbeiterInnenbewegung) und die Kämpfe waren nicht lang andauernd, sondern im Wesentlichen nach zwei Tagen vorbei.

Zur Frage der Spaltung der Gesellschaft und der Zunahme autoritärer Tendenzen heute (von Ländern wie Ungarn und Polen bis hin zu USA, Philippinen oder Brasilien) meinte Kurt Bauer, dass die Situation mit den 1930er-Jahren nicht vergleichbar sei:  Damals betrug der Arbeitslosen-Anteil in Floridsdorf – ebenso wie unter den Februar-Opfern – rund 40%, die Not war erdrückend und führte zu Demoralisierung. Die soziale Situation sei heute wesentlich besser, Österreich hat einen funktionierenden Verfassungsgerichtshof und es finden keine bewaffneten Aufmärsche und Auseinandersetzungen statt. Der Februar 1934 müsse historisch betrachtet werden.

In weiteren Diskussionsbeiträgen wurden die „1918 verlorene Räterepublik“, das „Kapital als Gewinner der gesellschaftlichen Spaltung“ und die Frage, ob „Widerstand leisten“ nur mit Waffengewalt oder auch anders möglich sei, zur Sprache gebracht.

Auch die Frage, warum die Gedenktafel für die Februarkämpfer, die um 1947 vom (kommunistischen) Arbeiterbetriebsrat des Austro-Fiat-Werks an der Ecke Brünner Straße/Floridsdorfer Markt angebracht worden war, vor Jahren entfernt und an die weniger sichtbare Ostseite des Schlingerhofs – bei Stiege 18 – versetzt worden war, wurde gestellt (und konnte leider nicht beantwortet werden).

 Gerhard Jordan


Die früher an der Ecke zur Brünner Straße angebrachte Gedenktafel an ihrem heutigen Platz an der Ostseite des Schlingerhofs.

10.2.: Gedenkrundgang zum Februar-Aufstand 1934

Die Überparteiliche Gedenkplattform Transdanubien, die seit 2012 alljährlich Aktivitäten setzt, lädt zu einem Gedenk-Rundgang anlässlich des 85. Jahrestags des Februar-Aufstands 1934, der eines seiner Zentren im 21. Wiener Gemeindebezirk hatte, ein.

Der Historiker Dr. Kurt Bauer, Autor des Buches „Der Februar Aufstand 1934. Fakten und Mythen (Böhlau Verlag, 2019), führt zu einigen der damaligen Schauplätze.

Im Anschluss findet eine Diskussion im Lokal der Gebietsbetreuung im Schlingerhof statt.

Treffpunkt:  10. Februar 2019,  15 Uhr, Franz-Jonas-Platz.

 

EINLADUNG:

 


Denkmal für Brandoberkommissär Ing. Georg Weissel (Ecke Prager Straße/Gerichtsgasse, entworfen vom Floridsdorfer Bildhauer Karl Nieschlag und errichtet 1964), der am 15. Februar 1934 vom Dollfuß-Regime hingerichtet wurde.  (Foto u. folgende drei: G. Jordan).


Der ehemalige Bahnhof Floridsdorf (Nordbahnanlage 9) heute. Am 13. und 14. Februar 1934 war das im Bezirksteil Donaufeld gelegene Gebäude heftig umkämpft.


Der am 13.2.1934 von Artillerie beschossene Gemeindebau „Schlingerhof“ heute.

 


Das Lokal der Gebietsbetreuung „GB*nord“, 2018 in einem ehemaligen Gasthaus im Schlingerhof eröffnet.


Das neu erschienene Buch von Kurt Bauer über den Februar-Aufstand.

 

 

 

Donaufeld wird „frauenbewegt“ und international!

Seit Jahren setzen sich die Floridsdorfer Grünen dafür ein, dass bei Verkehrsflächen-Benennungen bevorzugt Frauen zum Zug kommen sollen.
Besonders für das Stadterweiterungsgebiet Donaufeld war uns dies wichtig – ebenso wie ein Signal über die Bezirksgrenzen hinaus, zumal ja das Donaufeld als eines der Zielgebiete der ersten in Österreich stattfindenden „Internationalen Bauausstellung“ – der IBA Wien 2022 – fungiert.

Alle drei von uns vorgeschlagenen Namen wurden am 7. November 2018 einstimmig von der Bezirksvertretung beschlossen, sozusagen als „transdanubischer Beitrag zur österreichischen EU-Ratspräsidentschaft“:

Neben der Auschwitz-Überlebenden Antonie Lehr (1907-1997), die in der NS-Zeit aus Frankreich nach Wien zurückkehrte, um in der Floridsdorfer Lokomotivfabrik Widerstandsarbeit zu leisten, sind dies die bisher einzigen Frauen, die Präsidentinnen des Europaparlaments waren:  die französischen Politikerinnen Simone Veil (1927-2017), ebenfalls Holocaust-Überlebende, frauenpolitisch engagiert und von 1979-82 EP-Präsidentin, und die katholisch-liberale Nicole Fontaine (1942-2018), die von 1999-2002 dieses Amt in Brüssel innehatte.


Floridsdorfer Grüne begrüßen die Benennungen mit Frauen- und Europa-Bezug  (Foto: Heinz Berger).

Das Donaufeld war auch bereits im Juni 2018 Schauplatz einer kleinen „Europa-Kundgebung“:  Claude Brouir, ein belgischer Grünpolitiker, kam im Zug einer Reise durch die EU-Gründungsstaaten mit seinem Solar-Tandem auch in der „Autofreien Siedlung“ vorbei, wo er sich mit europapolitisch Interessierten traf. Neben der städtepolitisch sehr aktiven grünen Europaparlaments-Abgeordneten Monika Vana war auch der grüne Bundessprecher Werner Kogler mit dabei, der inzwischen zum Spitzenkandidaten für die EP-Wahl 2019 designiert wurde.

Wir werden beide im kommenden Wahlkampf aktiv unterstützen und freuen und auf viel grünen Schwung gegen den Rechtsruck und für ein solidarisches Europa!

Bezirksrat Gerhard Jordan

Werner Kogler, designierter Spitzenkandidat für die Europaparlamentswahl 2019, und EP-Abgeordnete Monika Vana mit dem belgischen Grünen Claude Brouir in der „Autofreien Mustersiedlung“ (Foto: Brigitte Parnigoni).

 

 

Ausstellung über das Jüdische Leben in Floridsdorf

Anlässlich des 80. Jahrestages der „Reichspogromnacht“ fanden in ganz Wien Gedenkveranstaltungen zur Erinnerung an die Opfer der Shoa statt, so auch in Floridsdorf. Eine Ausstellung des Bezirksmuseums, die maßgeblich vom grünen Bezirksrat Gerhard Jordan mitgestaltet wurde, ist noch bis 3. Februar 2019 zu sehen.

Am Vormittag des 23. Oktober 2018 wurde in der Hopfengasse, am Rest des ehemaligen Tors beim FAC-Platz, von den Opferverbänden eine Gedenktafel enthüllt, die an das 1944/45 dort befindliche KZ-Nebenlager erinnert.


Die Gedenktafel am ehemaligen Lagertor in der Hopfengasse.  (Fotos: Heinz Berger, Gerhard Jordan)

Am Nachmittag und Abend fand im Bezirksmuseum eine Veranstaltung statt, die an die verschiedenen Aspekte des jüdischen Lebens in Floridsdorf erinnerte:

An den – ab 1880 – ersten Rabbiner Dr. Joseph Samuel Bloch (1850-1923), dessen Todestag sich im Oktober zum 95. Mal jährte, an die zahlreichen jüdischen Vereine, an die Geschäfte im Bezirkszentrum und an den jüdischen Friedhof in der Ruthnergasse, der in den 1990er-Jahren im Rahmen des Projekts „Schulen adoptieren Monumente“ von SchülerInnen und Lehrkräften des Gymnasiums Ödenburger Straße wieder ins öffentliche Bewusstsein gerückt wurde. Dazu gab es einen Rückblick mit zwei damals Beteiligten (Mag. Tatjana Tupy und Mag. Johann Schrammel).


Johann Schrammel (damals Lehrer, l.) und Tatjana Tupy (damals Schülerin) erinnern sich an ihr Projekt.

Die Direktorin des Ella-Lingens-Gymnasiums in der Gerasdorfer Straße, Frau Mag. Eveline Trenner-Moser, und die Maturantin Nina Brugger sprachen über die Namensgeberin ihrer Schule.

Vorträge und Präsentationen widmeten sich dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben, unbekannten Aspekten wie der tragenden Rolle jüdischer Sportfunktionäre bei den vor dem 2. Weltkrieg sehr erfolgreichen Floridsdorfer Fußballklubs Admira und FAC, der Verfolgung und Vernichtung der Gemeinde nach 1938 sowie der Gedenkkultur von 1945 bis heute.


Die Präsentationen von Gabriele Dorffner (oben), Matthias Marschik (Mitte) und Gerhard Jordan (unten).

Mag. Wolfgang Schellenbacher vom Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (DÖW) stellte das Projekt „Memento Wien“ (eine Personendatenbank mit bezirks-bezogenen Informationen zu den Opfern des NS-Terrors) vor.


Wolfgang Schellenbacher (DÖW) stellt „Memento Wien“ vor.

Bei der Abendveranstaltung, musikalisch umrahmt von Klezmer-Musik des „LeChaim Trio“, las die in Floridsdorf aufgewachsene Schauspielerin Erika Pluhar aus eigenen Werken und erinnerte an ihre einstige Geschichtslehrerin im Gymnasium Franklinstraße 21, die schon früh offen und deutlich über die Judenvernichtung des Nazi-Regimes sprach. Der Andrang war so groß, dass eine Video-Übertragung aus dem Großen Saal ins Erdgeschoß angeboten werden musste.


Erika Pluhar bei ihrer Lesung aus eigenen Werken.

Die HistorikerInnen Dr. Gabriele Dorffner, Dr. Matthias Marschik und Mag. Gerhard Jordan gestalteten eine Ausstellung zum Thema „Gedenken an das Jüdische Leben in Floridsdorf“, die noch bis einschließlich 3. Februar 2019 im Bezirksmuseum, Prager Straße 33, zu sehen ist (zu den Öffnungszeiten Dienstag 15-17 und Sonntag 10-12 Uhr). Auch ein Museumsheft zum Thema kann dort um 8 € erworben werden.

Die Volkshochschule 21 organisierte außerdem einen Rundgang und eine Gedenkveranstaltung, und vor dem Standort der ehemaligen Floridsdorfer Synagoge in der Freytaggasse wurde am 8. November eine Lichtzeichen-Installation – ähnlich wie auch an anderen (ehemaligen) Synagogen-Standorten Wiens angebracht.

Brigitte Parnigoni

Gedenken an Roma auf Bezirksebene

Seit 15. Juni 2018 wird an die in Floridsdorf lebenden Lovara, Sinti und Roma nicht nur durch Straßennamen, sondern auch mit einer Gedenkstele erinnert – in der Franklinstraße, vor der „Business School“, auf dem Grünstreifen zwischen dem Hallenbad und dem Gymnasium Franklinstraße 26.


Die am 15. Juni 2018 enthüllte Gedenkstele in der Franklinstraße 24  (Fotos:  Gerhard Jordan).

Die Vorgeschichte

Dass der 21. Bezirk ein bevorzugter Aufenthalts- und Wohnort von Roma – vor allem der um 1920 aus Ungarn kommenden Lovara, die sich damals großteils als Pferdehändler betätigten – war, ist schon länger bekannt. Ein Antrag der Grünen aus dem Jahr 1996 in der Bezirksvertretung auf Benennung einer Verkehrsfläche nach dieser Volksgruppe führte 5 Jahre später zur Benennung von Lovaraweg – sowie auch von Romaplatz und Sintiweg – auf dem Bruckhaufen, nahe der Arbeiterstrandbadstraße.


1996 beantragt, 2001 benannt:  der von der Arbeiterstrandbadstraße zur Alten Donau führende Lovaraweg.

Romane Thana

Während sich ältere FloridsdorferInnen an die Roma auf dem Mühlschüttel und in anderen Teilen des Bezirkes noch erinnern können (noch heute leben Lovara bevorzugt in Floridsdorf, allerdings auf Wohnungen im ganzen Bezirk verteilt), so war dieser Teil der Bezirksgeschichte den jüngeren kaum bekannt. Hier leistete im Jahr 2015 die Ausstellung „Romane Thana. Orte der Roma und Sinti“ im „WIEN MUSEUM“ eine ganz wichtige Bewusstseinsarbeit. Zu den damaligen Rahmenveranstaltungen gehörten auch Spaziergänge, die Willi Silvester Horvath auf den Spuren der ehemaligen Wohnorte seiner Verwandten, die sich vor fast 100 Jahren als Pferdehändler auf dem Mühlschüttel niedergelassen hatten, abhielt.


Willi S. Horvath bei einer Exkursion des „WIEN MUSEUM“ in der Floridusgasse (2015).

Die „Überparteiliche Gedenkplattform Transdanubien“ schlug vor, eine Erinnerungsstätte zu schaffen, die auf den Ringelseeplatz (damals zwischen Ringelseegasse und Franklinstraße gelegen, dem bis 1965 dort befindlichen Fußballplatz des SR Donaufeld benachbart) hinweisen soll, der bis in die frühen 1960er-Jahre ein Treffpunkt verschiedener Roma-Gruppen aus mehreren Ländern Europas war. Nicht nur Lovara, sondern auch Sinti, Roma die entweder aus Jugoslawien oder 1956 nach der Niederschlagung der ungarischen Revolution nach Österreich kamen, Durchreisende, „Jenische“, Schausteller-Familien aus Italien usw. hielten sich für kürzere oder längere Zeit hier auf. Erst ab etwa 1963 verschwand dieser Sammelpunkt, und es wurden in der Umgebung öffentliche Gebäude errichtet:  das Gymnasium (Nr. 26, errichtet 1963-66), die Handelsakademie (Nr. 24, 1964-66), das Hallenbad (Nr. 22, 1964-67) und der Kindergarten (Nr. 28, 1969-72).

Am 17. März 2016 unterstrich die Gedenkplattform ihre Forderung mit einer Kundgebung in der Franklinstraße, an die sich ein Gespräch mit ZeitzeugInnen im Gasthaus Birner anschloss. Die Grünen hatten bereits am 10. Februar 2016 in der Bezirksvertretung Floridsdorf einen Antrag auf Schaffung einer Erinnerungsstätte gestellt, der (gegen die Stimmen der FPÖ) der Kultur- und Benennungskommission zugewiesen wurde.
Mit Unterstützung des Bezirks kümmerten sich der Vorsitzende der Kommission, Bezirksrat Kurt Schmidt (SPÖ) und Bezirksrat Gerhard Jordan (GRÜNE) in den folgenden beiden Jahren um die Umsetzung. Ein Antrag an die KÖR („Kunst im öffentlichen Raum GmbH“) zur Ausschreibung eines KünstlerInnen-Wettbewerbs wurde schließlich an die Magistratsabteilung 7 (Kulturamt der Stadt Wien) verwiesen, die die Errichtung einer Stele in ihrem bewährten sogenannten „WIENKL-Design“ vorschlug.

Mit Hilfe von Willi Horvath wurde Kontakt mit der Roma-Community aufgenommen, ein Text formuliert und abgestimmt, und die Dienststellen der Stadt Wien prüften bei einer Ortsverhandlung den Standort. Der Termin der Enthüllung wurde, nachdem die Bezirksvorstehung von einem geplanten viertägigen Fest des Kulturvereins „Romano Svato“ erfahren hatte, mit diesem zusammengelegt, um entsprechende Synergien zu nutzen.

Die Enthüllung

Die Enthüllung fand am 15. Juni 2018 statt, und es nahmen zwischen 100 und 200 Menschen daran teil – auch zwei Schulklassen aus dem GRG 21, Franklinstraße 21. Zahlreiche VertreterInnen aus der Roma-Community (Verein Lovara Österreich, Romano Centro, Kulturverein österreichischer Roma, Romano Svato, romblog.at, etc.), MandatarInnen von 5 Parteien der Floridsdorfer Bezirksvertretung, AktivistInnen der „Überparteilichen Gedenkplattform Transdanubien“ und interessierte AnrainerInnen waren gekommen.

Die Reden von Willi S. Horvath, Gerhard Jordan, Nuna Stojka (Schwiegertochter der 2013 verstorbenen Malerin und Autorin Ceija Stojka) und Bezirksvorsteher Georg Papai begleitete die Gruppe „Amenza Ketane“ (mit Hojda Stojka, dem Sohn von Ceija) musikalisch.


Auch Medieninteresse war gegeben  (Fotos: Molly Wurth).


Willi Silvester Horvath sprach über die Vergangenheit seiner Familie und über die gesellschaftliche Rolle der Lovara auf dem Mühlschüttel in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg.


„Amenza Ketane“ steuerte Musik der Lovara zu der Feier bei.


Gerhard Jordan erzählte, wie sich die Erinnerungskultur im Bezirk entwickelt hat und wies auf den günstigen Zeitpunkt der Enthüllung der Stele hin: einerseits rechtzeitig zum 25. Jahrestag der Anerkennung der österreichischen Roma, Sinti und Lovara als Volksgruppe, andererseits als wichtiges Zeichen in einer Zeit, wo wieder verstärkt „Sündenböcke“ gesucht werden.


Nuna Stojka erinnerte an ihre Schwiegermutter Ceija und appellierte an den gesellschaftlichen Zusammenhalt.


Bezirksvorsteher Georg Papai erläuterte die Rolle des Bezirks und der Kulturkommission beim Zustandekommen der Stele.


Die feierliche Enthüllung (v.l.n.r.: Bezirksvorsteher-Stellvertreterin Ilse Fitzbauer, Kulturkommissions-Vorsitzender Bezirksrat Kurt Schmidt, Bezirksrat Gerhard Jordan und Bezirksvorsteher Georg Papai aus Floridsdorf; ganz rechts Grüne Donaustadt-Klubobfrau Bezirksrätin Heidi Sequenz, Mitbegründerin der „Überparteilichen Gedenkplattform Transdanubien“).


AktivistInnen der „Überparteilichen Gedenkplattform Transdanubien“ mit Nuna Stojka nach der Enthüllung der Stele.