Die Wahlen zum Gemeinderat und zu den Bezirksvertretungen Wien am 11. Oktober 2020 brachten Zuwächse der Grünen in Transdanubien:
Auf Gemeinderats-Ebene legten die Grünen in Floridsdorf um 1,68 Prozentpunkte auf 7,99% zu, in der Donaustadt um 1,90 Prozentpunkte auf 9,11%, womit die bisherige Klubvorsitzende der Grünen in der Bezirksvertretung, Heidi Sequenz, ein Grundmandat errang und somit direkt in den Gemeinderat einzog. Die Wahlbeteiligung betrug diesmal – corona-bedingt – nur knapp über 61 bzw. 64% und war durch einen Rekord-Anteil an Wahlkarten-Stimmen (Briefwahl) gekennzeichnet.
Für die Bezirksvertretungen (die auch in Wien lebende EU-BürgerInnen wählen durften) waren 121.675 (21. Bezirk) bzw. 143.548 (22.Bezirk) Personen wahlberechtigt. Inklusive der Briefwahl-Stimmen kamen die Grünen in Floridsdorf auf 9,19% (6.065 Stimmen und ein Plus von 1,89 Prozentpunkten) und in der Donaustadt auf 10,99% (9.152 Stimmen, + 2,45 Prozentpunkte). Damit wurden 5 Mandate im 21. Bezirk (plus 1) und 7 Mandate im 22. Bezirk (plus 2) erreicht.
Beide Klubvorsitzenden der Grünen – Heinz Berger in Floridsdorf und Wolfgang Orgler in der Donaustadt – wohnen im Donaufeld.
BLICK AUF DONAUFELD
Die Bezirksvertretungs-Ergebnisse für das Gebiet Donaufeld und Umgebung sollen hier etwas genauer betrachtet werden.
Das „Kerngebiet“ der seit ca. Ende der 1990er-Jahre laufenden Stadtentwicklung zwischen der Fultonstraße, dem nördlichen Bereich der Donaufelder Straße (bis ca. Satzingerweg/B3), ca. der östlichen Attemsgasse und U1-Trasse und der Alten Donau besteht aus insgesamt 11 Wahlsprengeln in beiden Bezirken und hatte 10.782 Wahlberechtigte (ein Plus von 984 gegenüber 2015). Bei der Urnenwahl abgegeben wurden diesmal jedoch nur 3.399 Stimmen (31,5%), davon 3.322 gültige.
Das Ergebnis:
SPÖ: 43,38% (2015: 38,21%)
GRÜNE: 15,71% (2015: 15,44%)
ÖVP: 15,26% (2015: 6,00%)
FPÖ: 8,52% (2015: 31,05%)
NEOS: 6,89% (2015: 5,36%)
Team HC: 3,58% (2015: n.k.)
BIER: 2,29% (2015: n.k.)
WIFF: 1,48% (2015: 1,99%)
SÖZ: 1,41% (2015: n.k.)
LINKS: 1,26% (2015: 0,90%)
Andere: 0,21% (2015: 1,05%)
Wegen der geringen (Urnen-)Wahlbeteiligung erhielten mit Ausnahme der ÖVP alle Parteien, die auch schon 2015 kandidiert hatten, weniger absolute Stimmen als damals.
Die größten Verluste erlitt die FPÖ mit einem Minus von 22,53 Prozentpunkten, davon profitieren konnten vor allem die ÖVP (+9,26), die SPÖ (+5,17) und das von den Freiheitlichen abgespaltene Team HC Strache (3,58%).
Die Grünen legten – wohl auch wegen der kontroversen Diskussionen rund um die geplante Verbauung des Donaufelds („Quartier An der Schanze“) – nur leicht um 0,27 Prozentpunkte zu, konnten jedoch Platz 2 hinter der SPÖ erringen, weil die FPÖ auf Platz 4 abrutschte und die ÖVP knapp „auf Distanz gehalten“ werden konnte.
Der „Rekord-Sprengel“ war einmal mehr jener mit der „Autofreien Mustersiedlung“, wo die Grünen mit 27,88% zwar wie 2015 hinter der SPÖ lagen, aber laut Berechnungen des Institutes SORA unter Zurechnung der Wahlkarten (28,9% der Wahlberechtigten im Sprengel hatten eine solche beantragt) vermutlich knapp den Platz 1 errungen hätten. Auch im Donaustädter Sprengel 20, der das Gebiet zwischen Kirschblütenpark und Attemsgasse umfasst, wurde mit 20,13% ein überdurchschnittliches Ergebnis erreicht.
GRÄTZL IN DER UMGEBUNG
In den Bezirksteilen rund um das „Kerngebiet“ wurden die folgenden Ergebnisse erzielt:
Siedlung Bruckhaufen (2 Sprengel mit insgesamt 1.291 Wahlberechtigten): 12,63% bei einem Zuwachs von 1,75 Prozentpunkten gegenüber der Bezirksvertretungswahl 2015. Nur in diesem der untersuchten Teilgebiete lag die SPÖ unter der 40%-Marke (35,64%), die FPÖ verlor 28,47 Prozentpunkte und fiel hinter die Grünen zurück. Die ÖVP schnitt mit 24,64% sehr gut ab, auch das NEOS-Ergebnis (6,72%) liegt über dem Durchschnitt.
Blick auf die Siedlung Bruckhaufen (vorne) und den Mühlschüttel (nördlich der Alten Donau).
Mühlschüttel und Umgebung (6 Sprengel mit 6.587 Wahlberechtigten): Die 8,35% waren ein Rückgang von 2,06 Prozentpunkten gegenüber 2015. Der „grünste“ Sprengel in diesem Grätzl ist das Gebiet um den Kinzerplatz mit 11,39%. Eines ihrer relativ „besten“ Ergebnisse – dennoch aber mit einem Minus von 22,79 Prozentpunkten auf 10,57% – hatte hier die FPÖ, auch die Liste WIFF („Wir für Floridsdorf“) schnitt mit 4,42% weniger schlecht ab als in den Nachbar-Grätzln.
Mengergassen-Viertel und Umgebung der Pilzgasse (6 Sprengel mit 5.890 Wahlberechtigten): Hier gelang den Grünen, die sich u.a. für Baumpflanzungen im Straßenraum dieses Grätzls einsetzen, ein Zuwachs um 2,27 Prozentpunkte auf 10,17%. Ihren größten Zuwachs im untersuchten Gebiet hatte hier auch die SPÖ mit + 8,15 Punkten auf 45,99%.
Im Gebiet um die Mengergasse gab es Zuwächse der Grünen.
Donaufeld-Nordost und Umgebung (7 Sprengel mit 8.135 Wahlberechtigten): Die 8,64% Grün-Stimmen bedeuten einen Zuwachs von 0,69 Prozentpunkten. Dieser Bezirksteil ist flächenmäßig relativ groß und heterogen: Er umfasst die Einfamilienhaus-Siedlung Steinheilgasse, das wegen der Wohnungs-Neubauten umstrittene Gebiet der „Siemensäcker“, mehrere Gemeinde- und Genossenschaftswohnanlagen entlang der Leopoldauer Straße, die sogenannte „Edelstein-Siedlung“, das 90er-Jahre-Neubaugebiet zwischen Kefedergrundgasse und Josef-Baumann-Gasse, die seit 2016 bebauten „Schicht-Gründe“ zwischen Satzingerweg und B3 und die VetMed.
Teil des Gebiets nordöstlich von Donaufeld: Neue Wohnanlagen am Georg-Schicht-Platz.
Die besten Grün-Sprengel sind das Gebiet um die Viehtriftgasse (12,96%), die Umgebung der „Edelstein-Siedlung“ (12,10%) und die Wohnanlagen um den Georg-Schicht-Platz (10,42%). Während die FPÖ fast 29 (!) Prozentpunkte verlor (auf 10,34%), kam das Team Strache hier auf 5,82% der Stimmen.
Im 22. Bezirk sei noch das Gebiet um die „Sun-City“ östlich der VetMed – zwischen Donaufelder Straße und Eipeldauer Straße – erwähnt (4 Sprengel mit 3.676 Wahlberechtigten): Die Grünen kamen dort auf 9,53%, dies ist ein Minus von 1,05 Prozentpunkten gegenüber 2015. Im Vergleich zu den anderen erwähnten Grätzln schnitten hier die ÖVP (21,45%), die FPÖ (12,89%) und die Bierpartei (3,11%) relativ gut ab.
Die „Sun City“ im 22. Bezirk, errichtet ab Mitte der 1990er-Jahre, u.a. mit Solaranlagen auf den Dächern der Wohnanlagen.
Und im Bereich der sogenannten „Kagraner Spange“ mit dem östlichsten Teil der Donaufelder Straße um den St. Wendelin-Platz (der Sprengel 32 mit 1.215 Wahlberechtigten) erreichten die Grünen 16,10% (+0,53 Prozentpunkte), was Platz 2 hinter der SPÖ bedeutete.
AUSBLICK
Wie bereits erwähnt, lässt sich ein Vergleich mit der Wahl 2015 nur sehr bedingt ziehen, weil die Anzahl der (NICHT den Sprengelergebnissen zugeordneten!) Wahlkarten extrem gestiegen ist. Vermutlich wäre der Anteil der Grünen in den Grätzln etwas besser, weil er bei den Briefwahl-Stimmen deutlich höher ist als bei der Urnenwahl.
Dass die Frage der Stadterweiterung eine Rolle beim Wahlverhalten gespielt hat, lässt sich wohl annehmen. Von „politischen Mitbewerbern“ wurde massiv versucht, die Grünen als „Betonierer“ hinzustellen – teilweise sogar von der Mehrheitspartei, obwohl zahlreiche ihr nahe stehende Bauträger am „Quartier An der Schanze“ beteiligt sind. Von den Grünen wurde schon lange vor der Wahl, nicht zuletzt angesichts der Corona-Krise, ein Umdenken bei der weiteren Entwicklung des westlichen Teils des Stadterweiterungsgebiets Donaufeld gefordert („Donaufeld neu denken“). Auch aus der Zivilgesellschaft kommen ähnliche – noch weiter gehende – Forderungen.
An diesem Konzept werden die Floridsdorfer und Donaustädter Grünen weiterarbeiten, und einige „schön klingende“ Aussagen im Rot-Pinken Regierungsprogramm (z.B. „Weniger Beton und Asphalt, mehr Grünraum“, „maßvollere Dichte bei Stadterweiterungen“, etc.) immer wieder einfordern – gerade auch im Bezug auf die Zukunft des Donaufelds!
Dass die Freigabe der Mittel für die Stadtstraße Aspern, durch die gewaltige Flächen für eine 4spurige, Stadtautobahn-artige Schneise durch die Donaustadt versiegelt werden, einer der ersten Akte der „Punschkrapferl-Koalition“ war, lässt bereits die Kluft zwischen Ankündigung und realer Politik erahnen…